Kafka - Die Verwandlung

#1 von Förbi , 21.05.2009 13:46

DIE VERWANDLUNG
von Franz Kafka

Die Biographie des Autors:

Franz Kafka wurde am 3.7.1883 als erstes Kind jüdischer Eltern in Prag geboren.
Er besuchte ein deutsches Gymnasium und studierte auf Wunsch seines Vaters Jus und promovierte 1906. Er arbeitete anfangs in einer privaten Versicherungsanstalt und später in einer halbstaatlichen Versicherung als Beamter. Die Arbeit befriedigte ihn jedoch nicht.
Literatur hat Franz Kafka schon in seiner Jugend fasziniert. Sein Frühwerk ist leider verschollen, es wird vermutet, dass er es selbst vernichtet hat.
Während seiner Berufstätigkeit in der Versicherung konnte er sich jedoch meist nur nachts seiner schriftstellerischen Tätigkeit widmen.
Aufgrund einer Erkrankung an Kehlkopftuberkulose musste Franz Kafka 1922 seinen Beruf aufgeben.
1923 zog er dann nach Berlin, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen.
Am 3. 7.1924 starb Franz Kafka im Sanatorium Kierling bei Klosterneuburg.

Einige seiner Werke: Romane (Der Prozess; Das Schloss); Erzählungen (Das Urteil;
Ein Landarzt; In der Strafkolonie; Ein Hungerkünstler); Tagebücher u. Briefe

Zeit/Epoche:

„Die Verwandlung“ wurde 1912 geschrieben.
Franz Kafkas Zeit war die Zeit des Expressionismus (Stilrichtung, die sich mehr mit den gesellschaftlichen und den existenziellen Themen seiner Zeit wie z.B Vater-Sohn-Konflikt, Identitätsverlust usw. befasst)
Franz Kafka gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Prosa-Autoren des
20. Jahrhunderts.

Inhaltsangabe:

Gregor Samsa ist aufgrund seiner Beschäftigung ständig auf Reisen. Er opfert sich für seine Familie, seine Eltern und seine jüngere Schwester, auf, da diese durch das Versagen des Vaters und dessen Schulden in finanzielle Not geraten ist.
Eines Morgens als Gregor aufwacht, bemerkt er, dass er in einen Käfer verwandelt wurde. Er kann es anfangs nicht glauben und meint alles ist nur ein Traum.
Die Verwandlung in einen Käfer ist aber kein Traum, sondern Realität.
Gregor ist nicht mehr in der Lage zu sprechen, sondern bringt nur noch tierisch verzerrte Laute heraus. Auch in seiner Bewegung ist er total eingeschränkt und unbeholfen.
Mit seiner Erscheinung erschreckt Gregor alle Personen, mit denen er vorher als angesehener Geschäftsmann und Familienmitglied in geregelten gesellschaftlichen Kontakt stand.
Als der Prokurist der Firma, der kommt, um Gregor für seine Arbeit abzuholen, Gregor sieht läuft dieser davon. Gregor will ihm nach, was der Vater aber verhindert.
Die Eltern sind total schockiert und können mit der Verwandlung des Sohnes überhaupt nicht umgehen. Nur Gregors Schwester versorgt ihn mitleidig mit.
Gregor versucht trotz seines Zustandes ein gewisses Maß an Normalität beizubehalten, aber seine Eltern und die Schwester behandeln ihn immer wie ein Ungeziefer.
Das Leben der Familie verändert sich total.
Der Vater muss eine Arbeitsstelle als Diener in einer Bank annehmen. Die Mutter verdient mit Heimarbeit etwas zum Familieneinkommen dazu und Gregors Schwester beginnt als Verkäuferin zu arbeiten.



Für Gregor nimmt sich niemand mehr Zeit. Er bekommt von seiner Schwester immer nur das Essen ins Zimmer geschoben, aber niemand achtet darauf, ob er etwas isst oder nicht.
Die Situation wird für alle Familienmitglieder immer unerträglicher.
Die Eltern betreten Gregors Zimmer nicht. Nur als Gregors Schwester beschließt sein Zimmer auszuräumen, um mehr Platz für ihn zu schaffen, hilft die Mutter mit.
Der Anblick ihres Sohnes, der auf die Wand hochklettert, um sich auf ein Bild zu setzen, dass er vor der Schwester „retten“ möchte, schockiert die Mutter aber so, dass sie in Ohnmacht fällt.
Als Gregor der Mutter helfen möchte, kommt der Vater nach Hause, der die Situation jedoch missversteht und glaubt, dass Gregor seine Mutter bedroht.
Dies veranlasst den Vater schließlich Gregor mit Äpfeln zu bombardieren. Einer der Äpfel bleibt im Rücken Gregors stecken und verursacht eine schmerzhafte Wunde.
Aufgrund der Schmerzen nimmt Gregor kaum mehr Essen zu sich und wird immer schwächer. Ein wenig am Familienleben teilzunehmen wird ihm dadurch ermöglicht, dass die Tür zum Wohnzimmer abends manchmal geöffnet wird.
Da das Einkommen der Familie nicht ausreicht, entschließen sich die Eltern ein Zimmer der Wohnung an drei Herren zu vermieten. Die Familie versucht Gregors Anwesenheit zu verbergen. Eines Abends jedoch kommt es zu einem Aufeinandertreffen der Herren mit Gregor, als die Herren gerade Gregors Schwester beim Violine spielen zuhören, von dem sich auch Gregor angezogen gefühlt hat. Als Konsequenz kündigen die Herren ihren Mietvertrag.
Dieses Ereignis veranlasst die Schwester mit ihren Eltern über ihren Wunsch zu reden, das „Untier“ loszuwerden. Sie kann die Eltern davon überzeugen, dass dies der einzige Ausweg aus der Situation ist.
Noch in derselben Nacht stirbt Gregor allein in seinem Zimmer.
Die Erzählung endet damit, dass die Eltern und die Schwester Gregors nachdem sie Entschuldigungsbriefe an ihre Arbeitgeber geschrieben haben, einen Ausflug machen und ihre Zukunftsaussichten, die sie nach dem Loswerden des „Ungeziefer“ wieder für gut halten, besprechen.

Gattung und spezifische Merkmale:

Die Verwandlung ist eine Erzählung.
Der Aufbau der Erzählung: Einleitung (Moment der Verwandlung) – Hauptteil ( Zusammenleben mit dem „Ungeziefer“) – Schluss (Allmähliches Sterben und Tod Gregors)

Stilistische und sprachliche Merkmale:

Franz Kafka schildert das Ungeheuerliche sehr detailliert und sachlich.
Er verwendet eine einfache, nüchterne Sprache.
Die Erzählung ist im Stil eines Tatsachenberichts geschrieben.
Die Erzählform ist der epische Bericht aus der Perspektive der Hauptperson der Erzählung.

Interpretation:

Franz Kafka beschreibt in seiner Erzählung „Die Verwandlung“ das Schicksal des Handelsreisenden Gregor Samsa, der eines Tages aufwacht, und erkennen muss, dass er sich über Nacht in einen überdimensionalen Käfer verwandelt hat.
In der Erzählung beschreibt Franz Kafka eindrucksvoll wie sehr ein unvorhergesehenes Ereignis das Leben einer Familie verändern kann, und wie die unterschiedlichen Familienmitglieder mit den Veränderungen umgehen und zurechtkommen.
Gregor, der bis zum Zeitpunkt seiner Verwandlung, durch seine Berufstätigkeit als Handelsreisender finanziell für das Wohl seiner Familie gesorgt hat, kann anfangs nicht glauben, was mit ihm passiert ist, und hält alles für einen Traum, was sich letztlich aber als Irrtum herausstellt.




Am Anfang der Erzählung erfährt man viel über Gregors Person und seinen Charakter. Er wird als sehr pflichtbewusster Mensch beschrieben, dem die Arbeit sehr wichtig ist und der eigentlich so gut wie nie zu Hause bleibt.
Eine große Bedeutung für ihn hat seine Familie. Ihm ist bewusst, dass sein Geld, das er verdient für die Familie von großer Notwendigkeit ist, da die Familie viele Schulden hat und eigentlich er der einzige ist, der einer geregelten Arbeit nachgeht. Es ist für ihn eine Selbstverständlichkeit für die Familie zu sorgen.
Man erfährt aber auch, dass er mit der Arbeit überhaupt nicht glücklich ist und er diese lieber heute wie morgen aufgeben würde, da der Beruf für ihn eigentlich viel Stress bedeutet.
Gregor kann am Anfang gar nicht glauben, was mit ihm passiert ist und hält die Verwandlung in einen Käfer für einen Traum. Erst allmählich nimmt er wahr, dass es sich nicht um einen Traum handelt, sondern seine Verwandlung Realität ist. Im Laufe der Zeit wird er immer mehr zum Ungeziefer und verhält sich auch wie eins. Das einzige was letztlich noch menschlich bleibt an ihm bis zu seinem Tod ist sein Denken. Er bekommt also alles mit, was seine Familie, die Eltern und die Schwester, über ihn reden, was sie fühlen und denken.
Gregors Vater wird anfangs als alter, schwacher Mann beschrieben, der im Großen und Ganzen ein erfolgloses Leben geführt hat. Schon lange vor der Verwandlung seines Sohnes, mit dem er nie inniges Verhältnis hatte, hat nichts mehr gearbeitet und eigentlich wie selbstverständlich hingenommen, dass Gregor das Geld nach Hause gebracht hat.
Nach der Verwandlung wird der Vater Gregors von Franz Kafka sehr negativ geschildert. Dessen Reaktion auf die Verwandlung seines Sohnes und sein Agieren sind schrecklich und haben letztlich auch schwerwiegende Konsequenzen. Die Verletzung, die der Vater Gregor mit einem Apfel zufügt, ist nämlich Mitschuld an Gregors Tod.
Der Vater kann eigentlich mit der Verwandlung seines Sohnes überhaupt nicht umgehen und tut sich von Anfang an schwer das Ungeziefer überhaupt als seinen Sohn zu sehen.
Die Verwandlung Gregors und der damit verbundene Verlust der Geldquelle löst aus, dass der Vater schließlich eine Arbeit als Diener annehmen muss, um Geld für den Lebensunterhalt und die Bezahlung der Schulden zu verdienen.
Gregors Mutter macht sich große Sorgen um ihren Sohn. Sie reagiert eigentlich wie typische Mutter. Sie wird anfangs vom Autor als ruhige und sanfte Frau beschrieben, die sich dem Vater gegenüber unterordnet und seinem Willen gehorcht. Sie gewinnt aber im Laufe der Erzählung immer mehr an Selbstbewusstsein und lässt sich letztendlich auch nicht mehr verbieten ihren Sohn zu sehen, wobei sie bei seinem Anblick dann aber in Ohnmacht fällt.
Die Liebe zur ihrem Sohn verändert sich leider im Laufe der Zeit und es fällt ihr zunehmender schwerer den Käfer noch als ihren Sohn zu akzeptieren.
Die Schwester von Gregor wird vom Autor als diejenige beschrieben, die bis zur Verwandlung und noch einige Zeit danach, das innigste Verhältnis zu Gregor hat. Ganz offensichtlich hat der Bruder anfangs eine sehr bedeutende Rolle für sie, da er ihr eigentlich einen Traum erfüllen wollte, nämlich sie auf ein Konservatorium zuschicken.
Eine Zeit lang kümmert sich die Schwester liebevoll um Gregor. Sie bringt ihm zu essen, zu trinken und versucht auch ihm durch das Ausräumen seines Zimmers mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen. Je länger die Verwandlung dauert, desto mehr lässt aber ihre Fürsorge nach und schließlich sieht sie den Bruder nur mehr als Ungeziefer.
Am Ende der Erzählung sind sich die Eltern und die Schwester einig, dass sie das Ungeziefer loswerden müssen. Der Tod Gregors, der eintritt, weil Gregor schließlich aufgibt zu leben, er nimmt nämlich kein Essen und Trinken mehr zu sich, wird von allen als Erleichterung und Erlösung angesehen. Darauf lässt die Tatsache schließen, dass die Eltern und die Schwester nach der Beseitigung der Leiche Gregors einen Ausflug unternehmen, um die Zukunftspläne zu besprechen.
Die Erzählung „Die Verwandlung“ lässt so glaube ich, viele Interpretationen zu.
Meine Vermutung, nachdem ich den Lebenslauf von Franz Kafka gelesen habe ist, dass er in dieser Erzählung versucht hat, seine eigene Geschichte auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise zu verarbeiten.




In der Erzählung findet man nämlich einige Parallelen zu Franz Kafkas Lebenslauf.
Wie der Handelsreisende Gregor hatte auch Franz Kafka kein sehr gutes Verhältnis zu seinem Vater, der ihn grob behandelte und unterdrückte. Die Mutter war wie Gregors Mutter liebevoll, aber ebenfalls sehr vom Vater dominiert. Franz Kafka hatte zwar drei Schwestern, aber mit einer von ihnen, nämlich mit der jüngsten, verband ihn eine besonders innige Beziehung.
Auch Franz Kafka arbeitete in einem Beruf, der ihm nicht wirklich Freude bereitete und den er eigentlich nur ausübte, um Geld zu verdienen.
Das Werk „Die Verwandlung“ Franz Kafkas beinhaltet die unterschiedlichsten Themen, mit denen sich der Leser auseinandersetzen kann und wahrscheinlich auch soll.
Es sind vor allem aber gesellschaftliche Themen, die Franz Kafka in seiner Erzählung behandelt.
Wahrscheinlich will Franz Kafka mit seiner Schilderung aufzeigen, wie unterschiedlich die Menschen auf Veränderungen in ihrem Leben reagieren und welche Strategien sie entwickeln, um mit der Situation umgehen zu können. Außerdem könnte der Autor die Absicht gehabt haben, die Menschen anzuregen, darüber nachzudenken, wie sehr die Menschen eigentlich aufeinander angewiesen sind, und was die Veränderung eines Einzelnen für die Menschen, die mit diesem Menschen zu tun haben, mitunter für Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Ein Problem, das von Franz Kafka am Anfang der Erzählung auch angeschnitten wurde, ist die Auswirkungen, die die Ausübung eines nicht geliebten Berufes mit sich bringen kann. Dies wird deutlich in der Schilderung Gregors von seiner Arbeit und dem für ihn damit verbundenen Stress.

Mich persönlich hat die Erzählung „Die Verwandlung“ sehr beeindruckt.
Die Art und Weise Franz Kafkas seine Gedanken zu Papier zu bringen finde ich faszinierend.
Die Geschichte ist eigentlich völlig irreal und doch hat man den Eindruck, dass die handelnden Personen und Ereignisse Realität sind.
Die Geschichte ist von Anfang bis Ende spannend, was Lust darauf macht, vielleicht wieder einmal ein Buch von Franz Kafka zu lesen…..















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Quellen: Geschichte der Deutschen Literatur; Band 2; von 1848 bis zur Gegenwart;
Stichwort Literatur; Geschichte der deutschsprachigen Literatur; Rainer/Kern/Rainer; Veritas Verlag
http://de.wikipedia.org./wiki/Franz_Kafka


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